geschi lk

Dieser Kurs hat Geschichte geschrieben und das ohne Fünfminutenpausen


Da für eine waschechte Historikerin fünf bis fünfzehn Minuten noch überhaupt kein nennenswerter Zeitraum sind, kann sich der Beginn einer Geschistunde auch mal etwas nach hinten verschieben, aber dafür hatten wir immer die frischesten Kopien. Auch wenn es für die Mitschüler oft den Anschein hatte, daß mal wieder Geschi-LK ausfallen würde, dem war nicht so. Nur selten ist eine Geschi-Stunde auf Grund der Abwesenheit des Lehrkörpers ausgefallen, ja sogar während des Belgienaustauschs mußten wir uns mit im Voraus gegebenen Aufgaben abplagen.

Die Frage in Klasse 11, ob man sich den richtigen Orientierungskurs ausgesucht hat, sollte sich schnell beantworten. Nachdem einige von uns die harte Bloß-nicht-zuviel-Emanzipation-sonst-platz-ich-noch-Kampfschulung von Herrn Löcke im Lateinunterricht der Mittelstufe absolviert hatten, waren wir bereit, dem Feind in die Augen zu schauen. Doch schnell sollten wir erfahren, dass wir unseren Gegner unterschätzt hatten, denn er fuhr hartes Geschütz auf. Obwohl wir nie direkt "Frauen in der Geschichte" durchgenommen haben, waren sie noch in den letzten Winkeln der Historie zu spüren und wir wurden stets nett darauf hingewiesen. Immer wenn wir dachten: "Diese Schlacht haben sie gewonnen, aber den Krieg gewinnen sie nicht", zog Frau Lohmann die von allen gefürchteten Geheimwaffen aus dem Ärmel: ‘Unser Bettienchen’ mit Kaffee und Kuchen (eine gefährliche Verbindung). Danach half nur noch die Kapitulation.

Da wir nicht selten versucht haben, die Geschichte neu zu schreiben, kam es oft zu manch theologisch gewagten Hypothesen, wie zum Beispiel, daß "Hitler und Stalin mit dem Teufel unter einer Decke gesteckt haben müssen."

Das beste Gesprächsthema war aber immer der gerade nicht anwesende Mitschüler, deswegen haben die meisten sich auch nicht getraut zu fehlen. Aber auch viele andere Themen des Alltags haben für Gesprächsstoff und Diskussionen herhalten müssen. Wobei man allerdings auch die nicht gerade geringe Neugier der Kursleiterin unter den Tisch fallen lassen sollte.

Apropos Kursleiterin. Nicht nur unter den Teilnehmern des Geschi-LK hat das äußere Erscheinen für Gesprächsstoff gesorgt, aber Gina müßte den rosa Pulli doch einfach nur "geeeeiil" gefunden haben, oder?

Die Zusammenarbeit zwischen den Schülern war so perfekt, dass einige wie ein altes Ehepaar aufeinander abgestimmt waren. Kaum sagte der Mann etwas, gab die Frau ihm wieder eins von oben drauf. Und glaubt uns, man konnte oft die Glocken läuten hören. }8-]

Um die Macken jedes einzelnen dieses Kurses mit ein paar netten Worten zu umschreiben, bräuchte man eine zweite Abizeitung, aber für Bernd ist immer Platz, denn unser durch und durch parteifarbener Rotschopf will den leibhaftigen ALF bei uns auf der Schule gesichtet haben. Auch von hier wünschen wir gute Besserung und daß sich sein Dauerhusten bald legt.

Interessant war auch immer folgendes Phänomen: Man bekommt Hausaufgaben auf und macht diese gründlich. In der darauffolgenden Stunde werden sie auf eine der nächsten Stunden vertagt und in Wirklichkeit nie richtig durchgesprochen. Das geht etwa 3 bis 5 Mal so, eben bis sich der allgemein und in manchen Fällen auch überdurchschnittlich faule Schüler denkt, daß er sich die Hausaufgaben mal schenkt oder nicht so ordentlich macht. Aber genau dafür muß Frau Lohmann den richtigen Riecher haben, um diese Schlamperei in der darauf folgenden Stunde sofort aufzudecken, denn bei einem solchen Verhalten der Schüler wird rigoros mit ausführlicher Besprechung der Hausaufgaben gekontert. Und wenn wir schon mal bei Hausaufgaben sind: Oft kamen Fragen auf, die man so aus dem Stegreif nicht beantworten konnte, aber Frau Lohmann wußte, daß sie dazu Materialien zu Hause haben müsse und schrieb sich immer fleißig auf, was sie uns zur nächsten Stunde mitbringen wollte. Dabei ist es allerdings meistens auch geblieben. Man hat sich doch manchmal gewünscht, mehr aus dem sicher reichhaltig vorhandenen Archiv der Eheleute Lohmann zu Gesicht zu bekommen.
Ganz unerwähnt blieben bis jetzt die Verbrecher, die das Zustandekommen eines Geschi-LK zu verantworten haben. Zunächst sind da folgende zu nennen: Christoph, Sophia, Simone, Thomas, Friedemann, Lisa, Bernd, Astrid und Janina. Mit dem Halbjahreswechsel in der 11 wechselten Sophia und Simone den Kurs, aber dafür haben sich Heike, Martin und Christian Kleinschmit zu uns gesellt. Auch wenn Christian nur kurz bei uns war, darf eine Minigeschichte nicht ausgelassen werden:

Fr. Lohmann: "Und, Christian, warum hast du in den Geschi-OK gewechselt?"
Christian: "Ich bin nur wegen ihnen hier!"
Das war kein OK sondern K.O. in der ersten Runde! Prinzipiell hatte Christian die Erleuchtung bereits in der ersten Stunde erfahren, aber so offensichtlich sollte man dann doch nicht rumschleimen. Dazu sollte man sich in den Smalltalkrunden gepflegt beteiligen, keine Machosprüche reißen, zumeist die Meinung der Lehrerin wiedergeben. Aber auch abendliches Aufpassen auf die Sprößlinge unserer Kursleiterin oder das Erstellen von Visitenkarten sollen hoch im Kurs gestanden haben.

Nachdem Christian uns nach der 11. Klasse verlassen hatte und Lisa in der 12. Klasse ging, stand die Kombination des Geschi-LKs endgültig fest: 5 Jungs, 3 Mädls und eine französisch liebende und stark emanzipierte Frau Lohmann. Und wenn wir schon wieder mal bei emanzipiert sind: Hat Herr Löcke eigentlich ab und zu unsere verzweifelten Schreie gehört? Wie oft dachten wir: "Es ist wirklich schon ein Graus, wenn Emanzen flippen aus." (Heinz Erhard). Wie oft haben wir uns unsere Kommentare verkneifen müssen, um es uns nicht ganz mit unserer Lehrerin zu verscherzen, die insgeheim bestimmt noch auf die Weltherrschaft des weiblichen Geschlechts hofft (Gleichberechtigung reicht ja nicht aus)? Soweit kann man trotz MHLK nicht zählen...

Neben dem Besuch des Stadtarchivs in einer Doppelstunde, wo wir von Herrn Lohmann interessante Dinge erzählt bekamen und uns angeschaut haben, was so alles im Archiv lagert, haben wir an einem Abend in der 12. Klasse, passend zu unserem Thema, eine Ausstellungseröffnung in Bad Zwesten besucht. Über den netten Transport im schuleigenen VW-Bus schweigen wir an dieser Stelle, um noch zu erwähnen, daß es bei der Ausstellung um Informationen zur Judenverfolgung im Dritten Reich und die Darstellung eines Besuchs einer Jugendgruppe in Auschwitz ging. In einer Doppelstunde haben wir uns selbst etwas mit der Arbeit der Geschichtswissenschaftler und Archäologen befaßt. Beim Bau der Sporthalle wurden eine Menge Tonscherben gefunden, die wir etwas sortiert und angeschaut haben. Diese Abwechslung zum normalen Klassenraumunterricht war ein interessanter Exkurs. Ansonsten hat Frau Lohmann auch hin und wieder gerne von ihren eigenen Ausgrabungs- oder Forschungsaktivitäten berichtet. Aber auch wir haben geforscht. Viele Stunden saßen wir in der Bibliothek und haben Referate/Vorträge vorbereitet oder Collagen ausgearbeitet. Auch wenn wir manchmal der Meinung waren, daß es nicht den erwünschten Erfolg bringen würde, wenn wir so etwas ausarbeiten und für unsere Mitschüler, die sich nachher auch prompt überhaupt nicht damit beschäftigt haben, ausstellen würden, hat Frau Lohmann uns doch immer wieder sehr demokratisch dazu bewegt, die Dinge doch vorzubereiten. Als Beispiel wäre hier die Collage zu dem Nahost-Konflikt zu nennen.

Allerdings sind wir natürlich nicht nur bei Geschichte geblieben, denn Frau Lohmann hat uns auch interessante biologische Zusammenhänge versucht näher zu bringen. Wußtet Ihr etwa, daß Mädchen entstehen, wenn bei der Zeugung feuchter Westwind weht? Wir bis dahin nicht, aber die Erkenntnisse des Mittelalters sind zum Teil schon recht kurios. Auch bei Krankheiten hatte unsere Kräuterfrau immer einen Namen eines Gegenmittelchens parat.

 

Abschließend, zusammenfassend und auf die Überschrift eingehend, möchten wir resümieren, daß wir im Kurs oft gelacht, viel getratscht, einiges gelernt und uns irgendwie zum Unterricht geschleppt haben. Die Fünfminutenpausen hat Frau Lohmann manchmal gern durchgearbeitet, um dann aber auch nicht wie besprochen früher aufzuhören. Auch wenn man alle anderen Lehrer davon überzeugen konnte, daß die Stunde um 15:05 schon vorbei wäre, es aber nur nicht klingeln würde, hatten wir keine Chance und haben immer bis 15:10 Uhr Unterricht gemacht.